Hammer aufn Kopf – mich hätte es fast erwischt

Es ist nicht mehr zu leugnen – ich werde älter. Der Tod, auch mein eigener, ist unvermeidlich und er rückt immer näher.

Ich merke das nicht nur daran, dass die Zahlen an meinem eigenen Geburtstagen und denen meiner Freunde immer größer werden, ich merke auch an anderen Ereignissen, dass es Zeit wird, sich langsam mit der Tatsache des eigenen Endes auseinanderzusetzen.

  • Letztes Jahr erkrankte ein guter Freund von mir schwer an Krebs – er konnte dem Tod dank Opration und Chemotherapie gerade nochmal von der Schippe springen.
  • Im Mai 2023 hielt ich einer guten Freundin beim Sterben die Hände. Sie starb eine Stunde nach unserem letzten Besuch mit gerade mal 56 Jahren. Sie starb an Krebs.
  • Im Juni dieses Jahres begleitete meine Familie und ich meine Mutter eine Woche lang bei ihrem letzten Kampf. Sie starb nach kurzer, schwerer Krankheit mit 81 Jahren an Krebs.
  • Im Juli 2023 wurde bei mir eine starke Verengung an einer Herzarterie festgestellt und zwas an einer Stelle von der der Kardiologe sagte: „Wenn es dort knallt – na ja….“

Meine Engstelle im Herzen wurd durch einen Stent wieder durchgängig gemacht, ich bin außer Gefahr, hätte aber in den nächsten Monaten daran „plötzlich“ sterben können.

Ich bin eben auch keine 20 mehr ! Es ist einfach so…

Hammer vorn Kopf – ab jetzt bin ich chronisch krank !

Ich habe überlebt dank moderner Medizin und dem Privileg, in der “1st World” zu leben

Niemand kann genau sagen, wann es bei mir “geknallt hätte”, aber sicherlich hätte das kein Jahr mehr gedauert; wohl eher ein paar Wochen oder Monate.

Dank moderner Medizin und der Tatsache, dass ich einem der reichsten Länder der Erde zur Welt gekommen bin, haben im wahrsten Sinne des Wortes dafür gesorgt, dass ich dem Sensemann nochmal den Stinkefinger zeigen konnte und er alleine nach Hause gehen musste. Ich war noch nicht dran !

Die Stenose an meiner Herzarterie wurde mittels eines Stents wieder geweitet und stabilisiert und vermutlich ist hier auf lange Zeit keine Katastrophe zu erwarten….

Ja, hier – an der “reparierten Stelle“ ist es ok – aber…

Die Engstelle an meiner Arterie trat aber auf, weil ich eine Arteriosklerose habe – vulgo “Arterienverkalkung”.

Diese kommt u.a. daher, dass mein Körper das schädliche Cholesterin “LDL” nicht selbst abbauen kann.

Diese Unfähigkeit des Körpers ist auch mit bester Lebensweise und Ernährung nur im kleinen Umfang veränderbar; so einen Scheiß bringt man wahrscheinlich mit auf die Welt – erbt ihn, oder so…

Dieser Makel meines Organismus kann aber dafür sorgen, dass sich irgendwo in meinem Körper weitere Engstellen bilden, die irgendwann zu einem Infarkt führen können.

Mein Leben wird nie wieder so sein, wie vorher

Ich muss es akzeptieren, wie es ist; ich kann es nicht ändern: In meinem Körper schlummert eine potenzielle Zeitbombe namens “Arteriosklerose” oder “Koronare Herzerkrankung”, die ich – nach aktuellem medizinischen Stand der Dinge – nur durch Dauermedikation beeinflussen kann.

Heilbar ist meine Krankheit nicht – ich kann lediglich ihre Progression beeinflussen und hoffen dass -wenn ich alles richtig mache – keine weitere Herzarterie mehr verstopft und mich doch mal irgendwann umhaut >>> Herzinfarkt / Herzstillstand >>> Deckel zu !

Mein Sturkopf jubelt (ein bisschen)

Seit jeher genieße ich den Ruf, ein wenig “stur” zu sein – vor allem, “wenn es darauf ankommt”.

Diese Eigenschaft wird mir nun sicher helfen, die Dinge an meinem Leben zu verändern, die das Fortschreiten meiner Krankheit verlangsamen können.

So einfach kriegst Du mich nicht, Gevatter Tod !

Manche Themen in meinem Leben wie “Gewichtsverlust” und “mehr Bewegung” werde ich eben noch stringenter verfolgen, als bisher.

In allen anderen Themen (stopfe Dir kein Junkfood in den Mund und so) war ich bisher schon nicht sooo schlecht (als jemand, der sich überwiegend vegan und vegetarisch ernährt bin ich ein bisschen im Vorteil).

Was kann ich aus der ganzen Scheiße lernen ?

Wenn der Tag nicht Dein Freund ist, mache ihn zu Deinem Lehrer !

Diese Philosophie versuche sie seit Jahren in meinem Handeln zu verinnerlichen. Die Dinge passieren nicht “damit Du etwas lernst”, aber “Du kannst aus allem etwas lernen….”

Der Mist, der passiert wird nicht besser, aber er kann einen Sinn erhalten.

Die Nähe des Todes, die mich seit gut einem Jahr direkt und persönlich umgibt, ermöglicht mir eine Reihe von Erkenntnissen:

Der Tod ist unvermeidlich – ein schlechtes Leben ist es nicht !

Wir Menschen – mich eingeschlossen – neigen sicher viel zu oft dazu, den Tod, dessen Unvermeidlichkeit mit unserem ersten Atemzug beginnt (genau genommen sogar schon früher) zu verdrängen.

Und so leben wir oft ein Leben, in dem wir dem Irrglauben folgen, es würde immer so weiter gehen und Aufschub ermöglichen.

Wir tun so, als hätten wir unendlich viel Zeit, die Dinge zu tun, die wir noch tun wollen – wenn nicht heute, dann eben morgen.

Wir beugen uns oft dem Diktat des “Es muss halt sein”, anstatt dem Diktat: “Los, lebe so gut wie möglich”.

  • Und wir essen das Eis nicht
  • Und wir machen die Reise nicht
  • Und wir schreiben nicht das Buch
  • Und nicht den Blogbeitrag
  • Und wir gehen nicht zum Konzert
  • Und wir lernen nicht das Instrument zu spielen
  • Und wir sprechen unsere Traumfrau und unseren Traummann nicht an
  • Und wir sagen nicht: “Ich würde gerne noch etwas mit Dir klären…”
  • Und wieder sind wir nicht aufgestanden, um auf das Unrecht hinzuweisen, das wir sehen
  • Und wieder bin ich nicht aufgestanden und habe mich für die Dinge engagiert, die mir wichtig sind politisch & gesellschaftlich

Und dann ist es plötzlich zu spät und wir liegen vielleicht mit 56 Jahren auf dem Sterbebett und bevor uns das Licht ausgeht, denken wir:

“Oh Mann – und ich dachte, ich hätte noch so viel Zeit – so eine Scheiße !”

Niemand lag je auf dem Sterbebett und bereut es, seine letzte Powerpointfolie nicht aktualisiert zu haben.

Wurstsalat und Pommes statt Projektpläne und Powerpointfolien

Der letzte Wunsch meiner Freundin an mich, wenige Tage vor ihrem Tod im Mai 2023, mit gerade mal 56 Jahren, lautete:

An meinem Geburstag im August dieses Jahres möchte ich noch einmal Wurstsalat und Pommes essen.

Ich versprach ihr Berge von Wurstsalat und Pommes, sofern es in meiner Macht stünde.

Von einer Powerpoint-Präsentation, die sie noch aufhübschen müsse, hatte sie übrigens nichts gesagt, auch nicht von irgendwelchen Abschlüssen, die sie als Steuerberaterin noch zu machen habe…

Wenn es also diese eine Sache gibt, die ich aus dem Sterben und den Krankheiten um mich herum in jüngerer Zeit gelernt habe, dann dieses:

Es ist nicht viel Zeit, die wir noch haben, es ist nur viel Zeit, die wir nicht nutzen um möglichst glücklich zu sein und die Welt in einem besseren Zustand zu verlassen, als wir sie angetroffen haben.

Der Tod ist unvermeidlich, ob er nun früher oder später zu uns kommt ist Nebensache.

Ein gutes Leben zu führen ist nicht selbstverständlich, aber jederzeit möglich.

Ein schlechtes Leben zu führen ist vermeidlich.

Es liegt alleine an uns selbst, was wir zwischen dem 1. und dem letzten Atemzug daraus machen.

Und ich finde, wir sollten jeden Tag versuchen, das Beste daraus zu machen, denn niemand hat es in der Hand vorherzusagen, wann es der letzte Tag sein wird.

Eine Antwort auf „Hammer aufn Kopf – mich hätte es fast erwischt“

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert