Es gibt so Eigenschaften von Menschen, die wohl alle anderen Menschen toll und erstrebenswert an Menschen finden.
Die Klassiker sind „Hilfsbereitschaft“, „Großzügigkeit“, „für andere da sein“ und viele mehr.
Allerdings kann das Vorhandensein dieser guten Eigenschaften bei Menschen auch dazu führen, dass sie selbstschädigend sind.
Ich nenne das „Zuvielismus“.
Anhand eines Beispiels aus meiner Coachingpraxis erkläre ich, was es damit auf sich hat und wieso für sich selbst genommene Eigenschaften von Menschen diese selbst ausbrennen können.
Wie so oft stimmt auch hier die Weisheit: „Die Dosis macht das Gift“.
Ein Kunde mit Zuvielismus brennt aus
Im Coaching erzählt mir ein Kunde immer wieder, dass seine Schwester immer zu ihm sagt, er sei „zu hilfsbereit“.
Ich greife den Gedanken auf und frage ihn, bei was er denn sonst noch „zu viel sei…“ und bitte ihn all die Situationen, die ihm auffallen, aufzuschreiben.
Es dauert nicht lange, bis die folgende Liste entsteht:
Bei all diesen Eigenschaften schätzt sich der Kunde auf 100 % ein:
- Geduld
- Rechtfertigungsdrang
- Gutmütigkeit
- Ehrgeiz
- Ordnungsdrang
- Für andere da sein
- Durch Leistung gefallen wollen
- Loyalität
Wie viel dieser Eigenschaften wäre angemessen ?
Ich bitte ihn als nächstes, auf der Skala mal einen Strich dort zu ziehen, wo er selbst meint, dass es ein gesundes Maß wäre, das ihn nicht ständig zum Ausbrennen bringt.
Außer bei der Loyalität (hier findet er 100% richtig), entstehen Skalenwerte zwischen 10% und 40% dessen, was der Kunde tatsächlich auffährt.
Wenn Dich Deine eigenen Muster zum Ausbrennen bringen – tu was !
An diesem Beispiel zeigt sich etwas sehr typisches bei Menschen mit Burnout: Sie sind Opfer ihrer festgefahrenen Muster.
Ein Mensch, der aus irgendeinem Grund getrieben ist, bei bestimmten Eigenschaften seines Selbst ständig 100% abzufackeln, aber selbst weiß, dass viel weniger für ihn besser wären, hat die Steuerung seines Lebens – zumindest in Teilen – an seine Impulse abgegeben.
Die Aufgabe im Coaching ist es in diesem Fall, dem Kunden dabei zu helfen, seine Impulse zu kontrollieren und seine – für sich genommen – tolle Eigenschaften auf ein Maß zu regulieren, das ihm selbst nicht schadet.
Warum ist das nicht so einfach und braucht Hilfe ?
Die Verhaltens- und Handlungsmuster, mit denen ein erwachsener Mensch durch die Welt geht, sind teils jahrzehntelang trainiert und gefestigt. Innerhalb des eigenen Systems „Ich“ haben sich diese Muster scheinbar bewährt. Der Beweis dafür ist die eigene Existenz.
Erst wenn die Energiereserven aufgebraucht sind – oder gestört werden, weil neue Anforderungen hinzukommen – zeigt sich die Disbalance: Der Mensch beginnt auszubrennen.
Da ein System – hier der Mensch – nicht einfach so vermeintlich altbewährtes aufgibt, braucht es Begleitung dabei, ein neues Programm zu schreiben.
Es braucht in diesen Situationen meist eine Begleitung von außen, die einem dabei hilft, das eigene Verhalten zu reflektieren und anzupassen – jemand der einen „triggert“, „erinnert“.
Manchmal ist das nur in sehr kleinen Schritten möglich, manchmal geht es schneller.
Geschieht die Musterkorrektur nicht, ist es wohl nur eine Frage der Zeit, bis jemand – der ständig auf 100% läuft – ausbrennt und umfällt.
Was sind Deine Zuvilismen ?
Kennst Du Deine Zuvilismen ? Welche Deiner – für sich genommen guten – Eigenschaften fährst Du zu viel auf ?
Wenn Du nicht ausbrennen willst, setze Dich mit ihnen auseinander und korrigiere sie !